Legen wir das Feuer frei!
Viele Christen wünschen sich ein neues Pfingsten für die Kirche herbei: dass wieder einmal ein "heftiger Sturm daherfährt und das ganze Haus erfüllt", dass sich " Zungen wie von Feuer " auf alles Totengebein in der Kirche niederlassen und die Müden und Schläfrigen endlich wieder erwachen und aufstehen im "Schlafsaal Christi" / vgl Apg 2,2

Das Feuer ist schon da
Früher dachte ich auch so, doch seit langem nicht mehr. Denn es ist eine gefährliche Versuchung, so zu denken, solche Erwartungen zu haben. Wir erwarten auf diese Weise die "göttliche Revolution" von aussen, wir erwarten sie von oben, wir erwarten sie von den andern, und vergessen dabei, dass es uns - Ihnen und mir - anvertraut ist, pfingstliche Menschen zu sein: das Feuer, das wir längst empfangen haben - in der heiligen Taufe, in der heiligen Firmung, im täglichen Gebet und immer wieder in der heiligen Kommunion - anderen weiter zu geben. Wir sollten mit unserem Feuer längst alle dunklen Stellen in der Welt erleuchtet und erwärmt haben. Aber leider ist davon weithin nicht viel zu spüren.
Wir brauchen uns kein neues Pfingsten zu erträumen. Pfingsten ist schon da: Es ist in uns. Aber es ist in vielen Menschen verschüttet. In vielen ist das Feuer ausgegangen, auch die Glut, das Licht und die Wärme. Und wo noch ein Lichtlein brennt, da gibt es nur noch einen schimmernden Schein, schwach und kaum zu sehen. Was ist geschehen? Was sollen wir tun? Als ich neulich über solche Fragen nachdachte, kam mir ein Erlebnis in den Sinn, das ich vor Jahren gemacht hatte.
Was können wir tun?
Für ein Krippenspiel fehlte uns eine richtige Stallaterne. Ein Schüler, ein Bauernbub, sagte zu mir: "Wir haben zu Hause eine. Ich bringe sie ihnen heute Abend ins Pfarrhaus". Am Abend kam der Bub und brachte eine alte, verstaubte Stall-Laterne mit , so ungefähr aus der Zeit "Arche Noahs". Du glaubst, dass dieses Vehikel noch funktioniert?" ,fragte ich den Buben. Er nimmt ein Streichholz und entfacht die Laterne. In der Tat, sie funktionierte noch. Aber - sie gibt kaum mehr einen Schein, denn das Glas ist schwarz vom öligen Russ. "Kein Problem", sagt der Junge, "ich werde das Glas und die ganze Laterne reinigen". Also gab ich ihm Reinigungsmittel, Putzlappen, so viele er brauchte. Nach etwa zwei Stunden kam er vom Keller hoch mit einer hellerleuchteten Laterne. " Sehen Sie, Herr Pfarrer, wie neu sieht sie aus!" Tatsächlich, die Laterne glänzte und leuchtete hell und warf ihren weiten lichten Schein in alle Räume, zu denen die Türen offen standen. Unglaublich, ich hätte ein solch hellstrahlendes Licht von dieser alten verrussten Laterne niemals für möglich gehalten. Es war wie ein kleines Weihnachtswunder.
Ein Gleichnis für uns Christen
Ich denke, das ist ein Gleichnis für uns Christen. Sind wir nicht alle mehr oder weniger wie diese Stall-Laterne? Hat sich im Laufe der Jahre - seit unserer ersten Liebe zu Jesus / vgl.Offb 2,4 - nicht viel Staub auf unsere Seele gelegt? Ist unsere innere Leuchte nicht auch von Russ belegt, so dass das Licht des Heiligen Geistes kaum mehr aus uns heraus zu dringen vermag? Oder brennt das Licht nicht einmal mehr, weil uns das Öl ausgegangen ist?
Ja, wir spüren selbst, dass wir oft kaum mehr Licht und Wärme abgeben. Und auch die Menschen um uns spüren es. Das macht uns auch unzufrieden. Denn in uns ist der göttliche Ruf hineingelegt, Licht zu sein, Licht zu geben, Stadt auf dem Berge zu sein / vgl. Mt 5,14-16. Und weil wir das nicht sind, oder nur selten, oder nur kümmerlich, weil wir uns kaum richtig und beharrlich um dieses Licht und dieses göttliche Leuchten bemühen, sind wir auch oft so unzufrieden, bisweilen auch frustriert. Und dann sind wir es auch mit der Kirche, mit der Glaubensgemeinschaft, der wir angehören, ja, wir sind es mit " Gott und der Welt". Wir erwarten, dass die anderen endlich Feuer machen. Wir rufen vielleicht zu einem Pfingststurm auf, und nichts geschieht.
Seien wir ehrlich: Wie kann die Kirche, die Pfarrei, die Gemeinschaft, die Bibelgruppe, der ich angehöre, lebendig sein, frisch leuchtend, vom Heiligen Geist begeistert; wie kann es da zu gegenseitiger Entflammung kommen, wenn ich selbst nicht brenne, wenn nicht wenigstens ich in aller Demut und Geduld immer wieder neu einen ganz entschiedenen Anfang mit diesem "Licht sein" mache?
Mutter Teresa hat einmal von einer ganz wichtigen geistlichen Erfahrung aus ihrem Leben erzählt, wenn sie gestand: "Anfangs glaubte ich, bekehren zu müssen. Inzwischen habe ich gelernt, dass es meine Aufgabe ist, zu lieben. Und die Liebe bekehrt, wen sie will."
Wie komme ich zur Liebe?
Wie komme ich zu dieser Liebe - zu dieser pfingstlichen Liebe - die bekehrt, die Gemeinschaft, Freundschaft, Einheit, Licht, ja, ein bisschen Paradies auf Erden schafft?
Das ist die Kernfrage für uns Christen überhaupt. Diese Frage wurde im Laufe der Geschichte der Kirche immer wieder neu gestellt. Und immer fand sich darauf im letzten nur eine Antwort: indem ich mein eigenes Licht, mein eigenes Feuer freilege, es neu entflamme. Indem ich rein werde. Indem ich die Leuchte in meinem Herzen reinige wie der Junge seine verrusste Stall-Laterne. Das heisst mit anderen Worten: indem ich heilig werde!
" Wie Er, der euch berufen hat, heilig ist, so soll auch euer ganzes Leben heilig werden." / Petr 1,15
Das, liebe Freunde, ist unsere Erstberufung als Christen. Und wo ich dieser Berufung entspreche, wo ich jeden Tag mit dieser inneren "Knochenarbeit" beginne, geduldig und beharrlich und unverzagt, da wird Gott in mir lebendig, da wird der Heilige Geist in mir befreit.
Und da geschieht Auferstehung und Pfingsten in mir - und ohne dass ich es merke, auch bei anderen. Da entsteht auch jene wunderbare Freundschaft zwischen Gott und Mensch - auch jene innigste Vertrautheit zwischen einem Kind und seinem Vater - dass wir mit dem Apostel Johannes sagen können: " Wir heissen nicht nur Kinder Gottes, wir sind es"./ 1 Joh 3,2 Wir sind es!
Ich bin das vielgeliebte Kind meines Vaters im Himmel. Ich bin ein Freund, eine Freundin Gottes. Von dieser wunderbaren Freundschaft schreibt ein grosser Theologe der Kirche: Mathias Joseph Scheeben:
" Gott ist ein Freund, der nicht nur von Zeit zu Zeit gegenwärtig ist, sondern immer ohne Unterlass bei dir bleibt, wenn du ihn nur nicht vertreibst. Gott ist ein Freund, den du nicht nur zuweilen an dein Herz drücken kannst, sondern der beständig in deinem Herzen und auf dem Grunde deines Herzens wohnt. Gott ist ein Freund, dem du nicht erst durch Worte deine Empfindungen auszusprechen brauchst, sondern bei dem jeder Schlag deines Herzens erkannt und empfunden wird, dem du dich ganz, und noch mehr als dir selbst, offenbaren kannst, und der alle deine Liebe, deine Wünsche und Gefühle versteht und ergründet, und dessen Nähe dir immer desto lieber und süsser wird, je länger du sie geniessest."
Lasst uns diese Freundschaft wieder suchen!
Liebe Freunde, das ist die Freundschaft, die der Heilige Geist in uns wirkt. Das ist die Freundschaft, aus der das Feuer des Heiligen Geistes entspringt. Das ist die Freundschaft, aus der alle geistige Fruchtbarkeit hervorgeht wie aus einer unerschöpflichen Quelle. Aus dieser Freundschaft entsteht überall das, was wir uns alle heimlich wünschen: ein neues Pfingsten!
In uns selbst, in unseren Familien, in unseren Pfarreien und Gebetsgruppen.
von Urs Keusch, Pfr. em.
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Der Heilige Geist
- bewirkt alles Gute in der Welt
- ist die Liebe Gottes, die ausgegossen ist in unsere Herzen
- ist die Gnadengabe, in der sich Gott uns schenkt
- bringt in uns die Wirkungen der Gnade hervor: Glaube, Hoffnung und Liebe
- ist die dritte göttliche Person

Heiliger Geist! Lass uns diese Freundschaft wieder suchen und finden. Lass uns abkehren von allem, was Dich in unseren Herzen betrübt oder vertreibt. Lass uns rein werden in unseren Gedanken und in unserem Leib. Hilf uns, wieder zur täglichen Stille und zum vertrauten Gebet zurückzufinden und zum Tisch des Herrn, wo Jesus sich uns schenkt in seiner ganzen Liebe. Lass uns pfingstliche Menschen werden, die den Betrübten, den Geängstigten und Hoffnungslosen Zukunft und Hoffnung schenken. Amen Hallelujah
Der Heilige Geist wirke und wohne in euch allen
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